Schwarzenbach – Le dolci vite
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Wenn etwas in der Struktur drin ist, ist es in den Köpfen, in den Körpern, im Denken, in der Sprache.
«Überfremdung» war das Menetekel der späten 1960er-Jahre in der Schweiz.
Lanciert hatte das Wort der Schweizer Carl Alfred Schmid und drückte damit Tausenden von Arbeiter*innen den Stempel auf: Ihr seid eine Überfremdung, ihr müsst gehen!
All das mündete in die bekannte Schwarzenbach-Initiative, die 1970 mit einer rekordverdächtigen Stimmbeteiligung an die Urne kam und von den Stimmberechtigten – damals ausschliesslich Männer – erstaunlich knapp verworfen wurde.
Eigentlich ein Wunder.
Wäre sie angenommen worden, hätten Tausende Saisonniers mit ihren Familien das Land verlassen müssen und so auch die Hälfte der Familie Pergoletti aus Basel, nämlich Vater Lodovico und die sechsjährige Tochter Grazia, trotz der Schweizer Mutter.
Denn das Geld für die Beantragung des Schweizer Bürgerrechts für Grazia fehlte.
Die Familie drohte auseinandergerissen zu werden.
Wie wäre Grazias Leben verlaufen, wenn sie damals in die Heimatstadt ihres Vaters nach Assisi gezogen wäre?
Wie hätte das Leben nach diesem aufgezwungenen Bruch in ihrer Biografie ausgesehen?
Man begleitet die Protagonistin nach Assisi, wo sie ganz unterschiedliche Frauen interviewt, um sich aus deren Erzählungen verschiedene eigene, mögliche Lebensläufe zu zimmern.
Und immer wieder taucht die Frage nach Zugehörigkeit, nach Identität und nach Entfaltungsmöglichkeiten auf.
Die verschiedenen Versionen der immer gleichen Figur «Graziella Pergolesi» werden von Vera von Gunten und Grazia Pergoletti verkörpert.
Dass von Gunten und Pergoletti visuell und energetisch typähnlich sind, ermöglicht ein Spiel mit Verwechslungen und Verdopplungen, manchmal treten sie auch als dieselbe Figur unterschiedlichen Alters auf: bruchstückhaft, direkt in verschiedene Lebensphasen leuchtend, mal ausführlich und mal ...
Theater Chur, Zeughahsstrasse 6
Chur
SWITZERLAND
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